Die Ehlener Himmelfahrtswecke

Ein Geschichte zu Tradition und Ursprung dieses Gebäcks

Alte Traditionen sind auch in Ehlen noch immer lebendig. Eine solche seit Jahrhunderten bestehen­de Tradition sind die Ehlener Himmelfahrtswecke. Dabei handelt es sich um ein süßes Doppelbröt­chen, welches in dieser Form nur einmal im Jahr zu Himmelfahrt gebacken wird. Auch bei Neubür­gern und über die Gemeindegrenzen hinaus, ist dieses Gebäck zwischenzeitlich so beliebt, dass es nur noch nach Vorbestellung ausgeliefert wird.

Heimatgeschichtlicher Ursprung dieser Traditionen

Kirchenrechnungen1630 Wecke Kirchenrechnungen 1630/ Wecke für die KinderWenn man nach dem Ursprung dieser Tradition sucht, muss man unterscheiden zwischen dem hei­matgeschichtlichen Ursprung und der heutigen Tradition an Himmelfahrt dieses süße Gebäck anzu­bieten und zu verkaufen.
Den heimatgeschichtlichen Ursprung hat der frühere Ehlener Pfarrer Heiner Wittekind im Jahre 1981 ausführlich beleuchtet (Veröffentlicht im Jahrbuch des Landkreises Kassel 1981).
Um dem Ursprung des Brauchs näher zu kommen, muss man im Archiv der Kirchengemeinde Eh­len suchen. Dort findet man seit 1629 die sogenannten Kirchenrechnungen, eine Jahresrechnung der Kirchengemeinde über Ein- und Ausgaben, Abgaben, Grundbesitz und Baumaßnahmen. Hier findet man auch die Legate (Spenden, Vermächtnisse). Über Jahrhunderte vermachten Ehlener Einwohner der Kirche ein gewisses Kapital oder Grundstücke, um den Armen in der Gemeinde aus den Erträgen (Zinsen, Pachterträge) Hilfe zukommen zu lassen.
Eines dieser Vermächtnisse ist wohl der eigentliche Ursprung dieser Himmelfahrtstradition.Siehe dazu auch den Artikel "Stiftungen und Legate in Ehlen" !

Eine besondere Beziehung dieser Tradition zum Kloster Hasungen ist eher unwahrscheinlich. Es gibt keinerlei belastbare Fakten, die eine solche Beziehung nachweisen. Dies ist insoweit eher Spekulation.

 

Seit 1629 findet man dort folgenden Eintrag:

"Innnahm Geld so den Kindern im der Kinderlehr ausgetheilt wirdt. 1 Taler 6 alb. von der Lysen Wiese von Curtt Rischenbergk sel. verordnet, den Kindern in der Kindelehre zu Wecken, gibt itzund Curtt Jungermann an der Weckewießen , bleibt die Wiese vor sich den Kindern. "

Hieraus kann man entnehmen, dass der Ertrag aus diesem Legat ausschließlich dem einen Zweck diente, nämlich allen Kindern einmal jährlich dieses Gebäck (Wecke) zukommen zu lassen. Diese Wecke wurden zu Maria Reinigung (dem 2. Februar ) verteilt. Sicher sind dort aber gewöhnliche Wecke (Brötchen) gemeint, die mit dem heutigen Gebäck nichts gemeinsam hatten. Dabei ist aber auch zu berücksichtigen, dass die meisten Menschen im Dorf sich solche Wecke garnicht leisten konnten. Wie den Aufzeichnun­gen von Pfarrer Witte­kind zu entnehmen ist, bestand diese Tradition noch bis zum Jahre 1937. Wann kon­kret der Ausga­betag auf Himmelfahrt geändert wurde, lässt sich nicht mehr genau feststellen.

Ursprung der "Ehlener Himmelfahrtswecke" in der heutigen besonderen Form

Hier müssen wir auf den ausführlichen Artikel des verstorbenen Heimatforschers Kurt Jordan von 16.05.1991 zurückgreifen. Besonders interessant sind dabei seine Ermittlungen hinsichtlich der Tat­sache, dass die heutigen Himmelfahrtswecke erstmalig in der Ehlener Bäckerei Butte gebacken und angeboten wurden.
Wie man der "Chronik zu Ehlen" (Abschrift der Dokumente, die in der Kapsel der Kirchturmspitze gefunden wurden) wurden die Ehlener noch 1867 von Bäckern aus Dörnberg und Hoof mit Backwaren versorgt. Darüber hinaus gab es wahrscheinlich ein gemeindliches Backhaus,welches von den Ehlenern zum Backen von Brot genutzt wurde.

Der erste Bäcker in Ehlen war der 1869 geborene Johann Konrad Butte. Er hat, wie man Kurt Jordans Ermittlungen entnehmen kann, 1892 in Wolfhagen seine Meisterprüfung als Bäcker abgelegt, nachdem er seine Lehr- und Wanderjahre in Leipzig und Dresden verbracht hatte. Unmittelbar danach hat er sich wohl in Ehlen als Bäcker niedergelassen.
Wann er dieses süße Gebäck erstmalig zu Himmelfahrt angeboten hat und ob der die Machart aus Sachsen mitgebracht oder in Wolfhagen erlernt hat, ist noch offen.

Fortsetzen der Tradition bis Heute

EhlenerHimmelfahrtswecke20231Ein Ehlener Himmelfahrtswecke 2023Zusammenfassend kann man feststellen, dass die Tradition "Ehlener Himmelfahrtswecke" einerseits auf den Brauch der Kirchengemeinde, jährlich den Kindern zu einem bestimmtem Zeitpunkt Wecke auszugeben, beruht. Anderseits aber durch die besonderen Idee, des ersten Ehlener Bäckermeisters Konrad Butte, diese Tradition zu erweitern und zu Himmelfahrt ein besonderes Gebäck anzubieten, zu einem besonderen Ereignis gemacht wurde.

Dass diese Tradition sich bis Heute erhalten hat und von den Nachkommen des Konrad Butte fortgeführt wurde, ist aus heimatgeschichtlicher Sicht schon besonders erwähnenswert.

Die Bäckerei Oliev aus Bad Emstal-Sand, welche die Bäckerei Butte übernommen hat und dort heute eine Bäckereifiliale betreibt, hat dies dankenswerterweise weitergeführt. So bleibt der Verkauf der Himmelfahrtswecke am Himmelfahrtstag jedes Jahr eine besonderes heimatgeschichtliches Ereignis in Ehlen.

 

 

Quellen:
"Die Ehlener Himmelfahrtswecke - Eine 350jähriges Jubiläum" von Heiner Wittekind, Jahrbuch des Landkreises Kassel 1981 Seiten 117-119

• "Die Ehlener Himmelfahrtswecke" von Kurt Jordan, Mitteilungsblatt der Gemeinde Habichtswald 1991

• "Chronik zu Ehlen" Abschrift der Dokumente in der Kapsel der Kirchturmspitze 1974

• Die Ehlener Kirchenrechnungen ab 1629, Archiv der Kirchengemeinde Ehlen