Gedanken zur Baugeschichte der Kirche von Ehlen

Wenn man die heutige Ehlener Kirche betrachtet, fällt auf, dass sich der 32 m hohe Turm wesentlich vom daran angebauten Kirchenschiff unterscheidet. Es wird klar, dass dieser Kirchenbau wesentlich jünger ist, als der imposante Turm an deren Westseite.
Die Erklärung findet man auf der Nordseite des Kirchenschiffes. Hier befindet sich über dem Ein­gang folgende Inschrift:


"Erbaut in der Zeit vom 11ten Juni 1817 bis zum 14ten November 1818".

Inschrift Kirche EhlenInschrift an der Kirche in Ehlen

Dieses nun fast 200 Jahre alte Kirchengebäude wurde anstelle eines vermutlich baufälligen Vorgän­gerbaus errichtet.

 Um etwas über die Kirche (Kirchen?!) zu erfahren, die durch diesen Neubau ersetzt wurde, müssen wir einer­seits im Archiv der Kirchengemeinde die seit 1629 vorhandenen Kirchenrechnungen be­trachten und andererseits im Hessischen Staatsarchiv Marburg nach entsprechenden Hinweisen su­chen. Insbe­sondere aber die Geschichte des Klosters Hasungen ist eine wichtige Quelle, um Informatione über Kirche und kirchliches Leben in Ehlen zu sammeln.

Die ersten Nachrichten, der man Hinweise auf ein Kirchengebäude in Ehlen entnehmen kann, fin­den wir in der Vita Heimeradii. Diese Lebensbeschreibung des Heimerad, die gleichzeitig erste Hin­weise auf Burghasungen enthält, ist am Ende des 11. Jahrhunderts entstanden. Hier wird davon be­richtet, dass Heimerad in Ehlen war und hier in der Kirche gepredigt hat. Da Heimerad in der Zeit von 1017 und bis zu seinem Tode im Jahre 1019 auf den Hasunger Berg und im Oberen Warmetal gewirkt hat, kann man davon ausgehen, dass in Ehlen am Anfang des 11. Jahrhunderts eine Kirche vorhanden war, welche man aller Wahrscheinlichkeit nach, mit der heute noch vorhandenen "Alten Steinscheune" identifizieren kann.

Die Hasunger Gründungsurkunde (n) von 1074 bzw. 1081 ist für die meisten Orte des oberen War­metals eine wichtige Quelle insbesondere zur Ersterwähnung der Dörfer unsere Heimat. Hier findet man auch eine klare AGrndungsurkunde HasungenGründungsurkunde des Klosters Hasungen 1081ussage zur Pfarrkirche in Ehlen, denn sie wird dort zusammen mit den Kir­chen von Schützeberg und Hasungen dem Kloster als Eigentum übergeben.
In späteren Urkunden des Klosters Hasungen wird immer wieder bestätigt, dass die Kirche von Eh­len Eigentum des Klosters ist und dass das Kloster dort einen Mönch als Pfarrer einsetzen darf. Ei­ner dieser Pfarrer, Luitherus, Presbyter in Ehlen, wird in zwei Hasunger Urkunden von 1131 und 1146 als Zeuge genannt.

Ein besonderes Rätsel ist der imposante Turm auf der Westseite der heutigen Kirche. Den Verlaut­barungen vieler Fachleute nach, wird dieser romanische Turm auf das 12. bzw. 13. Jahrhundert da­tiert. Nimmt man dies als gegeben an, stellt sich die Frage, wann an diesen Turm ein neues Kirchen­schiff angebaut wurde und welche Gründe bestanden, die "Steinscheune" nicht mehr als Kirche zu nutzen. Besonders irritierend ist dabei die Tatsache, dass noch über Jahrhunderte rund um die Stein­scheune Menschen begraben wurden, was durch Funde menschlicher Gebeine eindeutig belegt wur­de.
In den folgenden Jahrhunderten bis zur Säkularisation finden wir in weiteren Hasunger Urkunden Hinweise zur Pfarrkirche in Ehlen und den dort wirkenden Plebanen.

Kirche mit Schule 1930 Die Kirche in Ehlen 1930Erst in den Ehlener Kirchenrechnungen, welche seit 1629 fast vollständig im Archiv der Kirchenge­meinde vorliegen, erfahren wir wieder etwas über die Kirche. Im Jahre 1657 wurden am Turm gründliche Reparaturen vorgenommen, insbesondere am Dach und am Glockengeschoss. Wenige Jahre vorher, in Jahren 1652 und 1653 wurde die Kirche mir neuen Bänken auf der Borlaube (Em­pore) ausgestattet, die man noch heute auf der Empore des 1817/1818 errichteten neuen Kirchen­schiffs betrachten kann. Es ist zu vermuten, dass die Wirren des 30jährigen Krieges nicht spurlos an unserem Dorf vorbei gegangen sind und auch erhebliche Schäden an den Kirchengebäuden zu verzeichnen waren.
In der Folgezeit wurde immer wieder kleinere Reparaturen vorgenommen, die sich aber nicht we­sentlich auf Bausubstanz und Optik auswirkten.
Erst Mitte des 18. Jahrhunderts konnte man sich den sicher vorhandenen Schäden an Kirche und Kirchturm nicht mehr verschließen, was dazu führte, dass eine umfassende Renovierung beider Ob­jekte geplant wurde. Nach Ende des 7jährigen Krieges konnte man im Jahre 1768 zunächst damit beginnen, den Turm zu renovieren. Sicher ist, dass die Kosten dieser Renovierung die Kirchenge­meinde erheblich belasten haben. Über diese Baumaßnahmen am Turm berichtet ein Dokument, welches bei einer weiteren Renovierung des Turms im Jahre 1974 aufgefunden wurde. Diese Dokumente wurden in den Folgejahren immer wieder ergänzt, wenn weitere Renovierungen am Turm angezeigt waren. Eine Abschrift dieser Dokumente, kann bei mir angefordert werden.
Nach längeren Verhandlungen hinsichtlich einer Renovierung auch des Kirchenschiffes, fand 1816 vor Ort eine Besichtigung durch den Amtmann Brethauer aus Wilhelmshöhe statt. Dieser konnte nur noch die Baufälligkeit des Objektes feststellen und dessen Abbruch empfehlen. Alle brauchbaren Materialien (Kanzel, Altar, Steine, Holz) sollten für den Neubau verwertet werden.

Dieser Empfehlung folgend, begann man am 01.Juli 1817 mit dem Abriss der alten Kirche. Am 14.11.1818 konnte dann die neu Ehlener Kirche eingeweiht werden.

Kirchendokument_von_1974_korrigiert2.pdf